Martin Neumann's Blog

Das Glasdach oder the „other glass ceiling“ – innovation stasis

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Mit „hitting the glass ceiling“ bezeichnet man im Englischen das Phänomen, dass etwas nicht weiter wachsen kann. Ganz speziell ist damit die Tatsache gemeint, dass Frauen in Unternehmen offensichtlich nicht so leicht in die höchsten Führungsstrukturen aufsteigen können. Ein wichtiges aber sicher komplexes Thema der Gleichberechtigung. Ich möchte aber auf etwas anderes hinaus.

Letztens war ich im Botanischen Garten in Bonn (der übrigens sehr zu empfehlen ist!). Dort im Gewächshaus wächst eine riesige Palme aus den Seychellen und ich fragte mich unwillkürlich: hört die Pflanze diese Pflanze von alleine auf im Gewächshaus zu wachsen, wenn sie das Glasdach erreicht hat oder machen die Gärtner irgendetwas, damit die Pflanze aufhört?

Ein anderes sehr interessantes Phänomen in diesem Zusammenhang ist ein Experiment mit Flöhen. Tut man Flöhe für mehrere Tage in eine flache Schachtel mit einer Glasscheibe obenauf, so springen diese zunächst immer dagegen (können Flöhe eigentlich Kopfschmerzen bekommen?). Dann adaptieren sie ihre Sprungkraft und springen dann nur noch gerade so hoch, dass sie sich keine Beulen an der Glasscheibe holen. Das Phänomen: Nimmt man die Glasscheibe nun weg, so springen die Flöhe trotzdem nicht aus der Schachtel. Auch ich habe manchmal dieses Gefühl, dass da über mir eine Glasscheibe ist, die ich nicht sehen kann, aber die ich nicht durchstossen zu können glaube.

Das Phänomen gibt es ja auch in der Wirtschaftswelt. Newcomer wachsen mit wahnsinnigen Raten und werden zu riesigen Firmen. Und dann hören sie plötzlich auf zu wachsen.

Als prominente Beispiele fallen mir da drei Firmen ein, die ich bewundere und deren Produkte ich sehr schätze bzw. schätzte:

Palm Pilot: der Ur-Vater der Smartphones, damals noch PDA genannt. Die kleine Firma US Robotics wuchs unglaublich, wurde von 3Com aufgekauft, und war während der dot.com Phase kurzzeitig mehr wert als sein riesiges Mutterunternehmen. Dann veschwand es kurze Zeit später in der Versenkung. Keine Innovation.Tod durch Starre.

Apple: als das iPhone 2007 erschien, war ich einer der ersten, der es erwarb. Ich liebte es. Als Steve Jobs in einer Key Note den App Store vorstellte, zitterte ich am ganzen Körper, denn mir war bewußt, dass dies ein Erdbeben auslösen würde. Und nun poste ich regelmäßig über meinen Ärger mit schlecht funktionierenden Apple-Produkten bei Facebook. Und bin nicht alleine dabei. Lese über Twitter Fragen der ZDNet Nerds, ob wohl das iPhone 5 einen 12000*330000 pixel screen und 35 megapixel kamera haben wird oder nicht. Wen interessiert das? Ist das Innovation? Wird Apple seinen Anspruch halten können?

Wikipedia: Die Idee, dass die „Weisheit der Massen“ eine neue Ära einläutet, in der Art, wie die menschliche Gemeinschaft Wissen zusammenträgt, scheint nun nicht mehr als ein Traum zu sein. Habe das selbst bei meinem ersten Korrektur-Eintrag erlebt (Gallileo-Teleskop). Da braucht man einen langen Atem und eine gute Portion Bürokratie-Unempfindlichkeit. Die Bürokraten und Regelfanatiker beherrschen Wikipedia mittlerweile. Und heute lese ich, dass laut einer aktuellen Studie, ca. 30% der Daten über Unternehmen falsch sind. Das passt zum Bild. Vertrocknet Wikipedia irgendwann einmal durch Formalismus?

In der Natur regelt die Schwerkraft die Begrenzung des Wachstums. Bäume können aufgrund des begrenzten Kapillareffekts nicht höher als 130 Meter werden.

Landtiere können aufgrund der Statik und des hydrodynamischen Drucks nicht höher als ca. 10 Meter werden.

In der Wirtschaft gibt es offensichtlich eine analoge Kraft. Gott sei Dank!

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