Martin Neumann's Blog

Tagebuch eines Erfinders – die Anfänge

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Schon als kleiner Junge wollte ich Erfinder werden.

Aus der Stadtbücherei besorgte ich mir haufenweise Bücher über elektronische Schaltkreise. Die Zahlen 741, 4011, 555, 1N4007, 2N3055* waren mir so vertraut wir die Namen Fischer und Abramczik. Ich weiß noch, wie ich einmal in der Werkstatt eines älteren Bekannten war, der ein 10A-Labornetzteil, einen Funktionsgenerator und ein 20 MHz-Oszilloskop besaß. Seine Werkstatt kam mir vor wie ein Heiligtum. Ich hatte sehr wenig Geld und daher lötete ich aus allen alten Geräten, die ich in die Finger bekam, die alten Bauteile aus.

Das Gute daran, wenn man wenig hat: Man muss erfinderisch sein. Umwege gehen. Improvisieren. Alternativen ausprobieren. Meine Liebe zur Astronomie konnte ich nicht mit einem Teleskop stillen, denn damals gab es noch keine billigen Kaufhausteleskope aus China. Nun ja, war vielleicht auch besser so. Aber ein Fernglas bekam ich. Groß und viel zu schwer für meine kleinen Arme, also baute ich mir ein Stativ aus Holz dafür.

Eine Begebenheit bleibt mir bis heute in Erinnerung: Ich hatte das Stativ gerade fertig, da fuhren wir zu meinem Cousin nach Celle. Welch eine Gelegenheit! Der Himmel über Gelsenkirchen ist nun nicht gerade für seine optimale Dunkelheit bekannt. Ich durfte daher nach viel Drängen und Bitten meine Ausrüstung mitnehmen und stand tatsächlich des Abends spät allein im Garten. Da kamen ein paar Nachbarn vorbei und waren belustigt über den ungewöhnlichen Himmelsforscher-Zwerg in meines Cousin’s Garten. Das gab mir ein komisches Gefühl des „anders seins“. Aber das war ich: mich interessierte die Sache mehr, als das, was die anderen darüber dachten. Ich wollte Probleme lösen, Neues entdecken, einer Sache auf den Grund gehen, meines Wissensdurst stillen.

Dann trat das weibliche Geschlecht in mein Leben und Camus und Frisch und Hesse und meine Interessen wandelten sich. Aber dieses tief in mir vorhandene „Sich-Hingezogen-Fühlen“ zu Naturwissenschaft und Technik blieb. Doch der Weg schien ein anderer zu sein und Notwendigkeit und Vernunft forderten scheinbar ihren Tribut. Mit 17 noch schloss ich eine Wette mit meiner damals mir liebsten Freundin Anne: Ich wollte den Nobelpreis in Physik oder Chemie, sie eine weltbekannte Pianistin werden. Die Wette: Sollte ich es schaffen, würde Sie mit den Berliner Philharmonikern Tschaikowski’s erstes Klavierkonzert für mich spielen. Nun ja, heute habe ich zwar einen Doktortitel in Chemie, aber ich bin dem Nobelpreis so fern, wie einem Spaziergang auf dem Mars und sie ist erfolgreiche Zahnärztin. Aber darum geht es nicht. Das sind nur stolze Äusserlichkeiten.

Unser Kindheitstraum ist wie ein Brunnen, der verschüttet werden kann und doch versiegt er nicht. Nenne es genetische Veranlagung. Ich sage, er ist von Gott dort gepflanzt worden. Und sein Brunnen kann zwar zugeschüttet werden, aber wirft man die ganze Erde wieder hinaus, so ist er immer noch ein lebendiger Quell. Dieser Brunnen ist nicht vergebens dort gesetzt worden. Meiner war tief vergraben und es ist ein weiter, mühsamer Weg, ihn wieder auszugraben. Doch sollte ich auch tausend Mal hinfallen und meine Schaufel brechen, ich werde wieder aufstehen und mir eine neue holen. Warum? Ganz einfach weil er da ist. Da, tief in mir drinnen.

Ich glaube nicht, dass dort in meinem Kindheitstraum mein Heil, mein Nirvana, mein Glück oder meine Erlösung liegt. Darum geht es nicht. Das sind nur romantische Vorstellungen. Es geht mir darum, der zu sein, der ich bin. Das ist alles.

„Es macht die Wüste schön, dass sie irgendwo einen Brunnen birgt.“ Antoine de Saint-Exupery

Ich wünsche Dir heute, dass Du dich an deinen Brunnen erinnern magst.

Liebe & Licht

 

 

* Bin gespannt – bei wem klingelt es bei diesen Zahlen?

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