Martin Neumann's Blog

Unvermeidlich

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Ich weiss nicht,ob ich es schon erwähnt habe, aber ich lese weder eine Zeitung noch sehe ich Fern oder höre Radio. Was ich wissen muss, erfahre ich auch so. 

Unvermeidlich, die Flugzeug-Tragödie der letzten Woche wahrzunehmen. Im Kiosk, an der Tankstelle, bei Facebook. Es sind nur Schlaglichter, so wie Bewegungen im Stroboskop-Licht und doch ergibt sich schnell ein Gesamtbild. Unvollständig, doch was ist schon das vollständige Bild? Wir werden es nie erfahren.

Zunächst schaltet sich mein Verstand ein. Hätte man es nicht verhindern können? Tausend technische Lösungen kommen mir in den Sinn, alle unausgereift, aber die Problemlösemaschine mag nicht akzeptieren, dass es keinen Weg gibt. Es ist auch einfach eine Lösung zu finden, welche genau diesen einen spezifischen Fall hätte verhindern können. Aber was wäre dadurch gewonnen? Der Erfindungsreichtum des Menschen ist unbegrenzt, im Guten, wie im Schlechten. 

Meine Seele benötigt länger die Information zu begreifen. Geht aber tiefer im Verstehen. Die Angehörigen, Freunde und Liebsten der Opfer verdienen unser Mitgefühl. Und sie benötigen sicher auch viel Zeit um ihren Frieden und ihre Freude wiederzufinden, was ich ihnen von ganzem Herzen wünsche. Was ist mit dem Täter? Wie tief muss der Schmerz in einem Menschen sitzen, damit er eine Tat begehen kann, die so weit von der menschlichen Natur entfernt ist? Ist es nur sein Schmerz, welchen er im Elternhaus, der Schule, im Bekanntenkreis angesammelt hat. Wahrscheinlich nicht. Oft ist diese Art von seelischem Schmerz bereits in den Eltern vorhanden und wird an die Kinder weitergegeben. In hellen Momenten kann ich meinen „geerbten“ Schmerz erkennen und auch erkennen, wie ich Schmerz an meine Kinder weitergebe. Es scheint wie ein endloser Teufelskreis, denn dieser Schmerz lässt uns Taten begehn, die wiederum den Schmerz in dieser Welt nähren und ihn verstärken. Und so sehe ich, dass nicht nur dieser Mann diese Tat begannen hat, sondern dass dies uns alle angeht. Wann haben wir unsere Hilfe versagt, wenn wir sie hatten geben können? Wann haben wir unseren Wut an einem anderen ausgelassen, obwohl er uns die Hand zur Versöhnung gereicht hat? Wann haben wir gestresst nicht wirklich zugehört, als jemand unsere ungeteilte Aufmerksamkeit gebraucht hat? Wann haben wir egoistisch unsere eigenen, rechtmässigen Bedürfnisse in den Vordergrund gestellt ohne die Bedürfnisse von anderen dagegen abzuwägen?

Can the circle be unbroken, my oh my Lord?

Ganz sicher! Daran glaube ich. Wir wurden nicht alleine gelassen und es gibt eine große Macht in uns, die alles zu heilen vermag: die Liebe. Sie lässt uns dem Menschen vergeben. Was der Verstand niemals zu akzeptieren vermag, denn vergeben heisst nicht „akzeptieren und gut heissen, was nicht gut ist“, sondern erkennen und Mitgefühl zu empfinden. Nicht nur für die Opfer, sondern auch für die Menschen, die uns monströs erscheinen in  ihrer Grausamkeit, Herzenskälte und Machthunger.

Liebe und Licht

  

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